Allem Anschein nach sieht Microsoft mittlerweile auch in der Videobearbeitung eine Schlüsselapplikation für ihr Windows Betriebssystem. Aus diesem Grund finden sich im neuen Windows ME einige Datailverbesserungen, welche das Zusammenspiel mit Camcoder & Co deutlich erleichtern.
Die auffälligste Neuerung ist dabei eine neue Applikation namens Windows Movie Maker. Nach anfänglicher Angst zahlreicher Video-Softwarehersteller, ihre Felle davonschwimmen zu sehen, stellen sich die kreativen Bearbeitungsmöglichkeiten das Programm als relativ mager heraus. So kann man damit gerade einmal Filmclips in einem Storybook hintereinander anordnen und als WMF-Stream (Windows Media File) ausgeben. Als einzig erwähnenswertes Feature besitzt das Programm eine Voice Over Funktion, die es erlaubt einen laufenden Film "live" nach zu synchronisieren. Außer einer einfachen Überblendung bietet das Programm keine weiteren Effekte.
Movie Maker richtet sich deutlich an den blutigen Anfänger weshalb man praktisch keine relevanten Parameter verstellen kann. Es importiert zwar alle gängigen AVI-Dateien (und zerlegt diese sogar mit einer automatischen, optischen Szenenerkennung), kann aber nur das bereits erwähnte WMF-Format erzeugen. Dabei kann der Benutzer als einziges angeben, für welche Download-Bandbreite er sein Video optimieren will.
Doch hinter den "Kulissen" des Programms steht eine endlich ausgereifte Technologie: Die schon seit Windows 98 implementierte Firewire-Unterstützung für digitale Camcoder ist endlich einsetzbar geworden. Steckt man im laufenden Betrieb einen beliebigen Camcoder an die IEEE 1394 Buchse des Rechners, so wird dieser sofort erkannt und kann auch vom Betriebssystem aus gesteuert werden. Movie Maker konnte von einer Panasonic NV-DX100, die auf älteren Systemen als "kritisch" gilt ohne Probleme einen DV-Strom einlesen. Auch das Abstecken von Geräten im laufenden Betrieb toleriert das Betriebsystem jetzt ohne murren. Neue Geräte tauchen jetzt direkt auf dem Arbeitsplatz auf und können dort auch über den Eigenschaften-Dialog getestet und konfiguriert werden.
Doch auch ältere Applikationen haben einige, für den Videoschnitt interessante, Neuerungen erfahren. Der neue Media Player 7 ist beispielsweise jetzt "peppiger" geworden und unterstützt neben zahlreichen neuen Videoformaten auch erstmals eigene Skins. Ein wahres Programmier-Meisterstück ist dagegen erst bei genauerem hinsehen zu entdecken. Unter der Option Videoeinstellungen bietet der neue Player die Möglichkeit Helligkeit, Kontrast, Farbton und die Farbsättigung in Echtzeit (!!) zu verändern. Dies funktionierte mit einem Pentium III 600 sogar beim Abspielen eines PAL-DV-Vollbild-Stream mit 720 x 576 Pixeln. Warum spezielle Videoschnittprogramme diese Effekte weiterhin nicht in Echtzeit darstellen können, bleibt unter diesem Gesichtspunkt unverständlich. Der mitgelieferte Media Player trug zwar schon die Versionsnummer 7.00.00.1441 und ist damit wohl dem Beta-Stadim entwachsen. Dennoch stürzte das Programm im Testzeitraum noch mehrmals unreproduzierbar ab. Um an die Funktionalität des Media Players zu gelangen muß man aber kein Windows ME anschaffen. Dieser ist auch kostenlos über die Webseite von Microsoft zu beziehen.
Fazit:
Die Zielrichtung von Microsoft wird mit der ME-Augabe von Windows klar: Durch die problemlose Integration digitaler Medien via Firewire und die einfache Möglichkeit mit Movie Maker digitale Streams für das Internet zu erzeugen, wollen die Redmonder nun auch den Kampf um das beste Format für das kommende Internet-Fernsehen gewinnen. Subjektiv betrachtet, ist die Bildqualität der erzeugten WMF-Ströme dabei durchaus mit aktuellen RealVideo und Quicktime Kompressoren vergleichbar. Einzig das gerade vorgestellte RealVideo 8 Format sieht noch eindeutig besser aus als WMF. Ob die Stratgie mal wieder aufgeht, durch die zu erwartende große Verbreitung des neuen Media Players einen De-Facto Standard durchzusetzen bleibt abzuwarten. Schließlich gibt es RealPlayer auch für Apple, BeOS oder Linux. Die neue Windows Version bringt als Nebenprodukt dieser Stratgie dennoch brauchbare Features für den Videoschnitt, wobei das M in ME wohl eher als Media denn als Movie interpretiert werden dürfte.